Maximal minimalinvasive Komplettversorgung

DOI: 10.53180/ZZI.2023.0024-0030

Bisserhöhung zur prothetisch-ästhetischen Korrektur einer Klasse III im Frontzahnbereich

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Schlüsselwörter: Additional Veneers Feldspatkeramik computergestütztes Design hochästhetische Zone minimalinvasive Versorgungskonzepte

Zusammenfassung: Ein 46-jähriger Patient wurde im digitalen Workflow (Zirkonzahn GmbH, Gais, Italien) im Sinne eines maximal zahnschonenden Behandlungskonzeptes versorgt. Aufgrund einer vorherrschenden Klasse III mit Kreuzbiss im Seitenzahngebiet sowie einer teilweise Kopfbisssituation in der Frontzahnregion wiesen die Schneidezähne einen deutlichen und unphysiologisch hohen Zahnhartsubstanzverlust auf, was zu einer starken ästhetischen Einschränkung bei dem Patienten führte mit einer sogenannten „umgekehrten Lachlinie“.

Eine präprothetische kieferorthopädische Behandlung lehnte der Patient ab. Das prothetische Konzept sah vor, dass zur Überstellung des Kopfbisses in der Front eine Bisserhöhung stattfinden muss, um einerseits Platz zu schaffen für Veneers, zum anderen aber auch um deren langfristigen Erfolg zu gewährleisten, indem die Okklusion in eine Neutralverzahnung in der Front überführt wird. Die Bisserhöhung erforderte eine Komplettversorgung des Oberkiefers sowie eine Versorgung der Seitenzähne im Unterkiefer.

Für eine optimale funktionelle Kauflächengestaltung wurde die CAD/CAM-Technologie genutzt, insbesondere die Möglichkeit zur ästhetischen, virtuellen Anprobe und Adjustierung von Okklusionsparametern. Diese Technologie schafft enorme Zeit- und Kosteneffizienz.

Schlüsselwörter: minimalinvasive Versorgungskonzepte; computergestütztes Design; Feldspatkeramik; Additional Veneers; Lithiumdisilikat; Adhäsivtechnik; CAD/CAM-Technologie; Bisshebung; hochästhetische Zone; Vollkeramik

Zitierweise: Boldt J: Maximal minimalinvasive Komplettversorgung. Z Zahnärztl Implantol 2023; 39: 24–30

DOI.org/10.53180/ZZI.2023.0024-0030

Einleitung

Mithilfe der CAD/CAM-Technologie ist man heutzutage in der Lage, komplexe Behandlungsfälle digital zu planen und zu simulieren. Diese Möglichkeit ist nicht nur extrem materialsparend, da auf konventionelle Modelle und ein händisches Wax-up verzichtet werden kann, sondern ist zudem noch sehr zeiteffektiv, da nicht auf materialspezifische Härte- und Ruhephasen geachtet werden muss. Auch sind Änderungen deutlich einfacher umzusetzen, und es können mehrere Variationen einander gegenübergestellt und verglichen werden.

Ein weiterer Vorteil liegt in der einfachen Kommunikation zwischen Zahntechniker/-in und Zahnarzt/in. So können z.B. über sog. Fernzugriffsdienste wie Teamviewer oder Anydesk online gemeinsam an den virtuellen Restaurationen gearbeitet werden und gemeinsam Präparationsdesign, patientenoptimierte Okklusionskonzepte sowie Besonderheiten bzw. Schwierigkeiten für Zahntechniker/in und/oder Zahnarzt/in besprochen werden. Mittlerweile ist man auch in der Lage, Software-unterstützt diverse Patientendaten in die digitale Welt zu überführen, u.a. neben Fotos auch einen Gesichtsscan, der eine „virtuelle Anprobe“ des neuen Designs am Patienten ermöglicht, ohne dass der Patient physisch vor Ort sein muss.

Eine möglichst genaue Überführung der funktionellen Situation in die digitale Welt erreicht man durch geeignete Transfersysteme wie z.B. den Planefinder (PlaneSystem, Zirkonzahn GmbH, Gais, Italien). Dies schafft die Möglichkeit, einen in horizontaler und vertikaler Dimension optimierten Zahnersatz herzustellen, der bereits digital anhand von virtuellen Protrusions- und Laterotrusionssimulationen funktionell überprüft werden kann und somit ein funktionell optimiertes Kauflächendesign zu konzipieren.

Für die geeignete Materialwahl sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Funktionell zu erwartende Beanspruchung der neuen Restauration
  • Präparationsdesign bzw. zur Verfügung stehende Materialschichtstärken
  • Möglichkeiten zur adhäsiven Befestigung

Heutzutage bestimmen zwei Arten von Keramikgruppen den dentalen Markt: Auf der einen Seite sorgen Glaskeramiken (z.B. Lithiumdisilikat und Feldspatkeramik) durch ihren Glasanteil für eine hochästhetische Versorgung bei minimalem Präparationsdesign. Zudem hat man bei dieser Materialgruppe die Möglichkeit, für einen festen Verbund zur Zahnoberfläche, mittels Flusssäure ein optimales Ätzmuster zur Oberflächenvergrößerung zu erreichen. Somit ist man in der Lage, selbst dünne Restaurationen wie Veneers adäquat und langfristig stabil auf der Zahnoberfläche befestigen zu können. Innerhalb dieser Materialgruppe lassen sich die Lithiumdisilikatkeramiken noch von den Feldspatkeramiken unterscheiden. Letztere erreichen durch einen noch höheren Anteil an Glasmatrix und damit dem Zahnschmelz nachempfundenen Lichtwirkung die höchste Ästhetik, allerdings auf Kosten einer deutlich geringeren Festigkeit im Vergleich zu den Lithiumdisilikatkeramiken.

Der nachfolgende Fall wurde nahezu komplett im digitalen Workflow geplant, beginnend bei der digitalen Planung über das Design und Visualisierung inklusive Patienten-Gesichtsscan sowie Druck von dem sog. Mock-up-Modell.

Lediglich das Design der geplanten Restaurationen wurde noch einmal konventionell mittels Mock-up im Mund kontrolliert und diente gleichzeitig als Präparationsmaßstab.

Ebenso wurden die für die Laterotrusion wichtigen Additional Veneers auf den Prämolaren „händisch“ auf feuerfesten Stümpfen angefertigt. Aus Stabilitätsgründen wurden sämtliche anderen Restaurationen monolithisch gepresst und nur mittels Farbtechnik charakterisiert und individualisiert.

Fallbericht

Ein 46-jähriger Patient stellte sich vor, nachdem seine beiden Geschwister bereits Veneerversorgungen von uns erhalten haben, mit der Bitte um ebenfalls derartige ästhetische Frontzahnrestaurationen. Die Frontzähne 13 bis 23 zeigten intraoral deutliche Attritionserscheinungen (Abb. 1). Die Seitenzähne wiesen keine übermäßigen oder unnatürlichen Zahnhartsubstanzverluste auf. Die Zahnhartsubstanzverluste in der Front konnten auf den teilweise existierenden Kopfbiss zurückgeführt werden (Abb. 2/3). Somit war eine Versorgung mit Veneers zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen. Aufgrund der sonst intakten Zahnsubstanz wurde aber auch von einer Überkronung im Sinne der Zahnhartsubstanzschonung Abstand genommen, da laut Edelhoff für eine Krone als Frontzahnrestauration 63–68 % verloren gehen, während bei Veneers je nach Art (Full, Overlay etc.) nur 17–30 % Zahnhartsubstanz zum Opfer fallen [2].


Somit standen wir vor der schwierigen Frage, zum einen dem Patienten mit seinem Anliegen zu helfen, auf der anderen Seite die Restauration nicht auf Kosten von massiven Zahnhartsubstanzverlusten durchzuführen.

Somit entschieden wir uns zu einer minimalen Bisserhöhung, da durch diese der Unterkiefer automatisch nach dorsal verlagert wird. Die Bisserhöhung sollte so gering wie möglich sein, da die Stützzonen ja keinerlei Verluste aufwiesen, jedoch auch so viel, dass im Anschluss eine Veneerversorgung der Oberkiefer Frontzähne möglich wurde.

Da es lediglich Einzelzahnrestaurationen herzustellen galt, wurde aus ästhetischer Sicht als Restaurationsmaterial für alle Versorgungen eine Lithiumdisilikatkeramik gewählt, die monolithisch gepresst wird. Da eine Verblendungsfraktur zu den häufigsten technischen Komplikationen bei Keramiken zählt [9], wurde auch aufgrund der schwierigen Bisssituation zum Schutz vor möglichen Verblendungsfrakturen auf eine Verblendung der Restaurationen verzichtet und sämtliche Versorgungen lediglich mit Malfarben charakterisiert und individualisiert. Bei der Zähnen 14, 24, 34 und 44 lagen nur minimalste Zahnhartsubstanzverluste vor; jedoch waren diese Zähne für eine notwendige Führung besonders zu den Laterotrusionsseiten unerlässlich. Daher wurden auf diesen 4 Zähnen sog. Additional Veneers aus Feldspatkeramik geplant, da diese höchst ästhetisch sind und sich optimal an die angrenzende Zahnhartsubstanz einfügen.

Dieser Fall war hochkomplex, da eine Bisserhöhung durchgeführt werden musste, obwohl kein merklicher Höhenverlust in den Stützzonen stattgefunden hat. Da nicht vorhersagbar war, wie eine Bisserhöhung vom neuromuskulären Apparat verkraftet und toleriert wird, wurde zunächst mithilfe eines Aqualizers eine mögliche Bisserhöhung ausgetestet. Der Aqualizer half zudem, eine oft bei Zwangsbissen wie Kreuzbiss vorzufindenden Frühkontakt, eine Abgleitbewegung oder eine andere funktionelle Störung zu beseitigen.

Da eine deutliche Veränderung insbesondere der ästhetischen Zone geplant war, mit deutlicher Verlängerung der Oberkiefer-Schneidekanten, wurde der Patient zunächst digitalisiert mittels Facescan (Facehunter und Planefinder, Zirkonzahn GmbH, Gais, Italien) und diverser Fotos, sodass eine ästhetische Analyse und Überprüfung des neuen Designs auch ohne Präsenz des Patienten möglich war. Die funktionelle Übertragung erfolgte durch den sog. Planefinder (Planefinder, Zirkonzahn GmbH, Gais, Italien) zur Bestimmung der Bisslage und Registrierung (Abb. 4–6).


Laut Richtlinien der gesetzlichen Krankenkassen wird bei Erhöhung der vertikalen Dimension vorab eine ausreichende non-invasive funktionelle Austestung der neu bestimmten Bisslage gefordert. Dies dient zur Überprüfung der myofunktionellen Adaptation des Craniomandibulären Systems auf die geplante Erhöhung der vertikalen Dimension. Zu diesem Zweck wurde eine durchsichtige Kunststoffschiene angefertigt, die im Oberkiefer eingegliedert die bimaxilläre Bisserhöhung simuliert.

Nachteil dieser bimaxillär hergestellten Schiene besteht jedoch darin, dass die komplette Anhebung der Bisslage insgesamt simuliert wird, ohne Rücksicht, wie viel in jedem Kiefer der Biss angehoben wird. Da es sich jedoch nur um eine minimale Bisserhöhung handelt, war der Nachteil in dieser Situation unbedeutend.


Behandlungsablauf

Nachdem die Schiene komplikationsfrei über 4 Wochen getragen wurde, wurde zur Visualisierung des geplanten Designs für den Patienten noch ein konventionelles Mock-up angefertigt. Dazu wurden vom finalen digitalen Design 3D-Modelle angefertigt und ein Silikonwall genommen (Abb. 7).


Dieses konventionelle Mock-up kann nicht nur genutzt werden, um das finale ästhetische Ergebnis dem Patienten direkt zu simulieren, sondern dient dem Behandler auch als Orientierung für die benötigten Präparationstiefen bzw. benötigten Schichtstärken der neuen Restaurationen. Dies ist umso wichtiger, je weiter das neue Design von der ursprünglichen Zahnform abweicht. Denn in Fällen, bei denen wir nahezu rein additiv arbeiten, muss von der darunterliegenden Zahnhartsubstanz nur sehr wenig bis gar nichts entfernt werden. Dazu wird das Mock-up im Patientenmund eingesetzt und durch dieses hindurch entsprechend der späteren Mindestschichtstärken entsprechende Tiefenmarkierungen gesetzt. Dadurch wird gewährleistet, dass die Zähne nur in dem Maße präpariert werden, wie es für eine ausreichende Schichtstärke, insbesondere bei Veneers erforderlich ist.

Nach finaler Präparation der Pfeiler erfolgte die konventionelle Abformung. Damit eine digitale Abformung mittels Intraoralscan funktioniert, ist eine korrekte optische Darstellung der Präparationsgrenze unerlässlich. Dies war jedoch lediglich bei den minimalinvasiven Restaurationsformen in der Front erreicht, deren Restaurationsränder epigingival gelegt werden konnten.

Im Seitenzahngebiet mussten aufgrund der Bisserhöhung Kronen mit subgingival liegenden Rändern ausgetauscht werden, bei denen eine exakte Abformung mittels optischen Scans nicht möglich war. Des Weiteren war ein konventioneller Abdruck für die Additional Veneers auf den Prämolaren nötig, die auf feuerfesten Stümpfen geschichtet wurden.

Das Sägemodell wurde im Anschluss digitalisiert und die erstellte STL-Datei erlaubt in der digitalen Zahntechnik eine Überlagerung sowohl der Ausgangssituation als auch des geplanten Designs und der Präparationssituation. Dabei kann das geplante Design auf die dafür notwendigen Mindestschichtstärken überprüft werden (Abb. 8/9).


Die Versorgungen (Kronen, Teilkronen und Veneers) wurden aus monolithischem Lithiumdisilikat gepresst und anschließend mit Malfarben charakterisiert und individualisiert (Abb. 10–12). Lediglich die für die Gruppenführung und Funktion notwendigen Additional Veneers auf den ersten Prämolaren wurden individuell geschichtet aus Feldspatkeramik (Abb. 13/14). Die große Herausforderung bestand dabei in der Herstellung und adhäsiven Zementierung der Additional Veneers. Diese waren nur wenige Millimeter groß und restaurierten lediglich die verloren gegangene Zahnhartsubstanz am vestibulären Höcker der Prämolaren (Abb. 15).


Die adhäsive Befestigung dieser kleinen Teilchen war ebenfalls sehr schwierig, da die Feldspatkeramik vor Befestigung an den Innenflächen auch mit Flusssäure geätzt werden muss und eine exakte Positionierung auf dem Zahn umso schwieriger ist, je kleiner die Restauration und umso geringer die Präparation. Denn hier wurde der Zahn vorher nicht beschliffen und wies daher auch keinen Rand für den Techniker auf, damit auch nicht für den Behandler zur Positionierung der Restauration (Abb. 16).


Nachdem die Restaurationen final hergestellt wurden, wurden diese nach erfolgreicher Anprobe und Überprüfung chairside noch für eine suffiziente adhäsive Befestigung vorbereitet. Dabei wurden die Innenflächen mit 4%iger Flusssäure angeätzt und ein Haftvermittler aufgetragen. Im Anschluss konnten dann die Rekonstruktionen unter Speichel- und Blutfreiheit mit einem Kompositzement adhäsiv auf der Zahnoberfläche befestigt werden (Abb. 17–20).

Diskussion

In der heutigen Zeit sieht sich der Zahnarzt/die Zahnärztin einem deutlich anspruchsvolleren Patienten gegenüber, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Mit Einführung von hochästhetischen Materialien stiegen gleichzeitig die Patientenwünsche und -ansprüche deutlich. Neben einer Wiederherstellung der Funktion muss heutzutage die Zahnrestauration auch ästhetisch und für den Laien bestenfalls nicht von den natürlichen Zähnen zu unterscheiden sein, jedoch bei gleichbleibendem Langzeiterfolg und hoher Langlebigkeit.

Gerade im ästhetischen Frontzahnbereich sind die Nachfragen nach makellosen Zähnen daher gestiegen. So erreichten gepflegte Zähne bei der Beurteilung der Attraktivität eines Menschen Platz 1 mit 43,5 % noch vor Augen (27,5 %), Haaren (13 %) oder der Nase (6 %) [3].

Somit erlangen Veneers immer größere Beliebtheit, erfordern jedoch ein hohes Maß an Fachwissen und -können des Zahnarztes, weil sie oft aus rein kosmetischen Gründen angefertigt werden und daher die Ansprüche der Patienten noch höher sind.

Aus rein kosmetischer Sicht funktionieren diese sehr gut, anspruchsvoller wird es jedoch bei schwierigen funktionellen Situationen oder gar einem Abrasionsgebiss. Hier erfordert es eine genaueste Planung, da sonst die dünnen Verblendschalen den hohen Kaubelastungen nicht standhalten würden.

In der modernen Zahntechnik sind die Einsatzmöglichkeiten digitaler CAD/CAM-Technologien mannigfaltig. Um sich die zahlreichen Vorteile wie Zeit-, Material- und Kostenersparnis zunutze zu machen, kann der Einstieg in die „digitale Welt“ nahezu bei jedem der einzelnen Fertigungsschritte vollzogen werden: von der Digitalisierung eines Sägemodells über die Digitalisierung eines Abdruckes oder sogar der komplette digitale Workflow, bei dem bereits auf zahnärztlicher Seite die Abformung digital genommen wird und über eine STL-Datei zur Verfügung gestellt wird.

Unterstützend dazu kommen insbesondere in hochästhetischen oder funktionell anspruchsvollen Fällen mittlerweile neben digitalen Fotografien auch weitere Möglichkeiten zum Einsatz, um dem Zahntechniker/der Zahntechnikerin so viele Informationen wie möglich über den gemeinsamen Patienten/die gemeinsame Patientin zukommen zu lassen. Dazu zählen sog. Facescans und digitale Kiefervermessungen. Dies erspart dem Patienten/der Patientin häufige Anreisen für Anproben. Die Zahntechnik erhält hieraus weitaus informativeres Arbeitsmaterial und damit einhergehend die Möglichkeit, das erstellte (digitale) Design virtuell am Patienten/an der Patientin anzuprobieren und anzupassen.

Des Weiteren ermöglicht die Software, mehrere Situationen aus dem Mund wie beispielsweise Ausgangs-, Anprobe- und/oder endgültige Präparationssituation zu „matchen“ und durch Überlagerung diverser Datensätze z.B. Schichtstärken zu messen und dem Behandler/der Behandlerin Korrekturen bei Mindestschichtstärken oder unter sich gehenden Bereichen nicht nur mitzuteilen, sondern visuell zu kommunizieren. Außerdem ist es möglich, die initiale Planung z.B. eines Designs in alle Abschnitte der Behandlung zu überführen und weiterzubearbeiten.

Durch Verwendung verschiedener Zahnbibliotheken lässt sich individueller Zahnersatz unter Berücksichtigung aller patientenspezifischen Physiognomien herstellen, in Kombination mit funktionsrelevanten Punkten und Linien, wie beispielsweise die sog. natural head position, eine vom Patienten individuell und unbewusst reproduzierbare Kopfposition, die eine entscheidende Rolle bei der horizontalen Ebene einnimmt. Diese konstanten und reproduzierbaren Bezugslinien sind bei Vermessungen und Überführung der Patientinnen und Patienten essenziell.

Dabei kann der Techniker auch jederzeit bei Bedarf zurück in die „konventionelle Welt“, indem er beispielsweise die designten Restaurationen aus Wachs fräsen lässt, um sie im Anschluss aus einer Lithiumdisilikat konventionell zu pressen.

Durch Onlay-, Teilkronen- und Veneerpräparationen können im Vergleich zu Kronenpräparationen häufig die Restaurationsränder deutlich einfacher über oder auf dem Zahnfleischrand enden, was eine digitale, genauso wie eine konventionelle Abformung und spätere adhäsive Befestigung erleichtern. Nachteilig eines supragingival liegenden Restaurationsrandes ist die Verfärbung im Laufe der Zeit, die insbesondere im Frontzahnbereich zu ästhetischen Einschränkungen führen kann.

Bezüglich der Langlebigkeit verschiedener Restaurationsformen, zeigten Teilkronen (97–100 % nach 7 Jahren) und Veneers (95,5 % nach 10 Jahren), dass diese bei den Überlebensraten denen von Kronen (95 % nach 5 Jahren) nicht nachstehen, sondern diese sogar minimal übertreffen [1, 4, 9]. Feldspatkeramik-Veneers zeigen nach 9 Jahren 87 % Überlebensrate [8].

Als weiterer Faktor, der für minimalinvasive Schleiftechniken spricht, sind die deutlich geringeren Folgen der Pulpenirritationen durch Schleiftraumata. Pulpenirritationen als Folge eines invasiven Präparierens, wie es eine konventionelle Kronenpräparation vorsieht, entstehen in bis zu 10 % der präparierten Zähne nach 5 Jahren und ca. 15 % nach 10 Jahren [5, 6].

Die minimale Bisserhöhung wurde zwar mittels Schiene ausgetestet, vor der definitiven Behandlungsphase. Laut Moreno-Hay ist jedoch bei einer moderaten Bisserhöhung mit keinen langfristigen Folgen zu rechnen [7].

Fazit für Praktiker

  • Eine ausführliche Planung vor Behandlungsstart beugt Komplikationen vor.
  • Eine Bisserhöhung führt immer zu einer Unterkieferrückverlagerung.
  • Austestung bei Bisserhöhungen mittels Schiene ist notwendig.
  • Vor Veneerversorgungen ist eine funktionelle Analyse unerlässlich.
  • Für eine hohe Langlebigkeit von Frontzahnveneers ist eine gesicherte Gruppenführung und funktionelle Entlastung der Front wichtig.

Schlussfolgerung

Heutzutage erhalten ästhetische Fragestellungen auch in der Zahnheilkunde einen zunehmenden Stellenwert. Insbesondere die „social six“, sprich die Oberkiefer-Frontzähne, werden im Sozialleben ästhetisch als sehr wichtig eingestuft.

Dieser Fall zeigt, wie ohne kieferorthopädische Behandlung ein Kopfbiss in der Frontregion aufgehoben werden konnten; bei einer gleichzeitigen Umstellung auf eine Eckzahn-/Prämolarenführung und einer ästhetischen Rehabilitation der Frontzahnregion im Oberkiefer. Dies wurde erreicht durch minimalinvasive Restaurationen bei einer gleichzeitigen minimalen Anhebung des Bisses. Sämtliche Einzelzahnversorgungsarten kamen dabei zum Einsatz: Von erneuerungsbedürftigen Kronen über Teilkronen bis hin zu Overlay und Additional Veneers waren die Präparationen so minimalinvasiv wie möglich.

Danksagung: Der Autor bedankt sich beim durchführenden Labor Hands GmbH (Essen) – insbesondere beim Zahntechniker Anthimos Maki Tolomenis – für die hervorragende Arbeit.

Interessenkonflikte: Der Autor Dr. Johannes Boldt gibt an, dass im Zusammenhang mit diesem Beitrag keine Interessenkonflikte bestehen.

Dr. Johannes Boldt

Zahnarzt im Bunker – Dr. Johannes Boldt, Krefeld-Fischeln

info@zahnarzt-im-bunker.de


Literatur

  1. Alenezi A, Alsweed M, Alsidrani S et al.: Long-term survival and complication rates of porcelain laminate veneers in clinical studies: A systematic review. J Clin Med 2021; 10: 1074. doi: 10.3390/jcm10051074
  2. Edelhoff D, Sorensen JA:. Tooth structure removal associated with various preparation designs for anterior teeth. J Prosthet Dent 2002; 87: 503–9. doi: 10.1067/mpr.2002.124094
  3. EMROS: Umfrage des Marktforschungsunternehmens EMROS, 2006
  4. Guess PC, Selz CF, Steinhart YN et al.: Prospective clinical split-mouth study of pressed and CAD/CAM all-ceramic partial-coverage restorations: 7-year results. Int J Prosthodont 2013; 26: 21–5. doi: 10.11607/ijp.3043
  5. Kerschbaum T, Voss R: Zum Risiko durch Überkronung. Dtsch Zahnärztl Z 34, 1978; 740–743
  6. Kerschbaum T: Das Risiko des Vitalitätsverlustes nach einer Überkronung. Mitt Dtsch Ges Zahn Mund Kieferheilk 2, 1983; 12
  7. Moreno-Hay I, Okeson JP: Does altering the occlusal vertical dimension produce temporomandibular disorders? A literature review. J Oral Rehabil 2015; 42: 875–82. doi: 10.1111/ joor.12326
  8. Morimoto S, Albanesi RB, Sesma N, Agra CM, Braga MM: Main clinical outcomes of feldspathic porcelain and glass-ceramic laminate veneers: A systematic review and meta-analysis of survival and complication rates. Int J Prosthodont 2016 29: 38–49. doi: 10.11607/ijp.4315
  9. Sailer I, Makarov NA, Thoma DS et al.: All-ceramic or metal-ceramic tooth-supported fixed dental prostheses (FDPs)? A systematic review of the survival and complication rates. Part I: Single crowns (SCs). Dent Mater 2015; 31: 603–23. doi: 10.1016/j.dental.2015.02.01

(Stand: 28.02.2023)

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