Risikofaktor: Oraler Lichen mucosae

DOI: 10.53180/ZZI.2023.0078-0084

Sind Implantate für Lichenpatienten von Nachteil oder sogar ein Benefit?

PDF

, ,

Schlüsselwörter: Lichen mucosae Risikofaktor dentales Implantat

Zusammenfassung: Der Lichen ist eine chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung der Haut und Schleimhäute. Die Manifestation des Lichens in der Mundhöhle reicht von kleinen weißlichen Stippelungen über die typische Wickham’sche Streifung bis zu erosiven und ulzerativen Verläufen, die die Nahrungsaufnahme deutlich erschweren. Rezidivierende Schübe ulzerativer Läsionen können narbig ausheilen und dadurch den Patienten funktionell nachhaltig beeinträchtigen.

Eine weitere bekannte Komplikation ist die maligne Transformation in ein Plattenepithelkarzinom [17]. Fallberichte und Fallserien beschreiben entsprechende Karzinome auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Implantaten. Die durch den Lichen veränderte Schleimhaut ist deutlich vulnerabler als gesunde Mukosa, sodass beispielsweise durch den Druck von Prothesen leichter Wunden entstehen können.

Ein Blick in die verfügbare Literatur zeigt, dass nur wenige Arbeiten zu oralem Lichen und zu Implantaten existieren. Während in einer Subgruppenanalyse beschrieben wurde, dass der weichgewebliche Abschluss zum Implantat und der Suprastruktur fragil sind und die Autoren hierin eine leichtere bakterielle Kolonisation mit konsektutiver Mukositis, Periimplantitis und potenziell möglichem Im­plantatverlust vermuten, finden andere Arbeitsgruppen keinen Unterschied in den Werten für Mukositiden gegenüber denen gesunder Kontrollen. Durch den Einsatz von Implantaten könnte durch Pfeilervermehrung und Drucklastverteilung jedoch die Frequenz der Verletzungen gegenüber einem rein tegumental getragenen Zahnersatz reduziert werden; ein Vorteil also, der sogar eine Indikation für den Einsatz von Implantaten darstellen kann.

Schlüsselwörter: dentales Implantat; Lichen mucosae; Risikofaktor

Zitierweise: Walter C, Renné C, Moergel M: Risikofaktor: Oraler Lichen mucosae. Z Zahnärztl Implantol 2023; 39: 78–84

DOI.org/10.53180/ZZI.2023.0078-0084

Einleitung

Der Lichen, auch Knötchenflechte genannt, stellt eine entzündliche Hauterkrankung mit subakutem oder chronischem Verlauf unklarer Ätiologie dar. Neben der Haut können auch Nägel, Haarfollikel und eben auch die Schleimhaut als Lichen ruber mucosae befallen sein (Abb. 1). Durch die Affektion der Schleimhäute sind diese im Vergleich zu gesunder Schleimhaut deutlich vulnerabler. Die Frage der Implantologie soll für diese Patientenklientel geklärt werden.

Geschichte

1860 wurde erstmalig durch Ferdinand Ritter von Hebra das Krankheitsbild klinisch beschrieben und mit dem Namen des Lichen ruber planus versehen. Erasmus Wilson benannte das Krankheitsbild 6 Jahre später als Lichen planus bei der Beschreibung einer 56-jährigen Patientin mit weißen papulären Veränderungen an Zunge und Wangenschleimhaut. 1869 folgte dann die Vorstellung einer Fallserie von weiteren 50 Patienten mit diesem Krankheitsbild. 1885 wurde das makroskopische Bild mit Farnkrautblättern durch Georges Thibièrge verglichen. Zehn Jahre später war es dann Louis Wickham, der das klinische Symptom nochmals beschrieb und als Namensgeber der Wickham’schen Streifung herhielt, die ein häufiges klinisches Symptom ist. Aus dem Jahr 1906 datiert die erste histopathologische Beschreibung [4, 6].

Epidemiologie

Die Prävalenz des oralen Lichen planus wird auf gut 1 % beziffert. Die Werte für Europa sind mit 1,43 % etwas höher. Die niedrigsten Werte für Indien mit 0,49 % unterliegen vermutlich einem Bias, da die häufig in Indien vorzufindende Tabak-­assoziierten Schleimhautveränderungen den Lichen vermutlich maskieren [10]. Etwa 60 % der Patienten mit einem kutanen Lichen haben eine enorale Lichenmanifestation, wohingegen nur 15 % der Patienten mit oralem Lichen entsprechende kutane Befunde aufweisen [6].

In der Literatur wird meistens das häufigere Auftreten des Lichens bei Frauen beschrieben [6], eine 2020 veröffentlichte Metaanalyse, die final 66 Artikel einschloss, konnte diese Ungleichheit zwischen den Geschlechtern jedoch nicht bestätigen [10]. Ein familiärer Lichen ist selten [3].

Ätiologie

Die Ätiologie des Lichens ist noch weitgehend unklar. Diskutiert wird eine T-Zell-vermittelte immunologische Antwort auf eine unklare Antigenänderung im Bereich der Haut bzw. der Schleimhaut bei Patienten mit entsprechender Prädisposition [5]. Es kommt zu einer erhöhten Produktion von Zytokinen der T-Helferzellen Subpopulation 1 (TH1) wie z.B. IFN-g, TNF-a. Es gibt auch Hinweise auf einen Effekt der TH2-Zellen, die über Zwischenschritte von epithelialen Zellen aktiviert werden. Zytokin-Polymorphismen scheinen dafür verantwortlich zu sein, ob sich der Lichen nur im Bereich der Schleimhäute (Interferon-assoziiert) oder auch im Bereich der Haut (Tumornekrosefaktor-assoziiert) manifestiert [5]. Die diskutierten Antigene bzw. Antigenveränderungen betreffen extrinsische Antigene, veränderte patientenseitige Strukturen und Superantigene (Superantigene führen unabhängig von Antigen-präsentierenden Zellen zu einer nicht physiologischen Überaktivierung der T-Lymphozyten).

Manche Studien sehen einen Zusammenhang zum Bestehen einer Hepatitis C-Infektion [2, 5]. Weitere Faktoren, die in der Literatur diskutiert werden, sind psychologische Komponenten, genetische Prädispositionen, immunologische Mechanismen, allergische Reaktionen und weitere Infektionen neben Hepatitis C [2].

Klinische Symptome

Haut: Häufig finden sich symmetrisch verteilt zunächst rundliche und dann im weiteren Verlauf polygonale, derbe Knötchen, die erst rötlich und dann später einen zusätzlichen Blaustich erhalten. Von der Oberfläche sind sie flach, wachsartig, glänzen matt und können zentral eine Einziehung aufweisen. Nach Betupfen der Effloreszenzen mit Öl kann die Wickham‘sche Streifung sichtbar werden.

Die Knötchen finden sich häufig in einer linearen Anordnung (isomorpher Reizreflex oder Köbner-Phänomen bei dem nach z.B. mechanischer Reizung Effloreszenzen auftreten) und treten vornehmlich an den Beugeseiten des Unterarms und dort oft im Bereich der Handgelenke, in den Flanken, im Bereich des Os sacrum, des Genitals und an den Unterschenkelstreckseiten auf [4].

Schleimhaut: Betroffen sind vornehmlich die Schleimhäute der Mundhöhle und des Genitals, seltener Larynx, Ösophagus, Magen und Dickdarm.

Die klinischen Veränderungen an der Schleimhaut können eine große inter- und intraindividuelle Variabilität aufweisen. Sie reichen von kleinen weißlichen, stippchenartigen bis zu streifen- und netzförmigen weißlichen Herden (Abb. 1). Sie können zu großen leukoplaken Arealen konfluieren (Abb. 2). Es gibt aber auch Fälle mit deutlicher Rötung und dem Auftreten von unterschiedlich großen, erosiven Stellen (Abb. 3).


Prädilektionsstellen enoral sind vornehmlich die Wange mit 80 % und die Zunge mit 50 %. Seltener betroffen sind Lippen mit 20 %, Gaumen mit 15 % und die Gingiva mit 10 %. Typisch ist ein häufig symmetrischer Befall; ein einseitiger Befall ist aber ebenfalls möglich. Die typischen netzartigen Veränderungen finden sich am häufigsten im Bereich der Wange. An anderen Lokalisationen ist sie nicht so häufig zu finden. Plaqueartige Varianten sind vornehmlich im Bereich der Zunge und der Wangenschleimhaut lokalisiert. Erosive Areale finden sich häufig im Bereich der Wangen und an der Gingiva (Gingivitis desquamativa) (Abb. 4).


Kleine weißliche Papeln, die ausschließlich oder auch in der Peripherie der retikulären Variante auftreten können, und eben diese retikulären Formen gehen meist mit keinen Symptomen einher, wie beispielsweise dem typischen Juckreiz bei Befall der Haut. Die erosiven, ulzerierenden und Pemphigus-ähnlichen Varianten können jedoch mit Schmerzen verbunden sein, die u.a. durch bestimmte Speisen ausgelöst werden können.

Die Schleimhäute bei Vorliegen eines Lichen sind deutlich vulnerabler, und es kann zu lange persistierenden Ulzerationen kommen. Diese können gerade für die Eingliederung eines herausnehmbaren Zahnersatzes problematisch sein [4].

Lymphknoten: Zervikal sind bei Lichenpatienten häufig Lymphknoten palpabel und über bildgebende Verfahren wie Ultraschall darstellbar. Da bei Lichenpatienten ebenfalls das Auftreten von Karzinomen möglich ist, gehen hier bereits weitere differenzialdiagnostische Überlegungen einher, um eine den Lichen begleitende harmlose Lymphadenopathie von einer metastatischen Absiedlung eines oralen Karzinoms abzugrenzen.

Diagnostik

Meist reicht die Blickdiagnose aus, um die Diagnose zu stellen. Dies ist vor allem bei Vorliegen der typischen retikulären Streifung der Fall. In manchen Fällen ist auch bereits ein kutaner Lichen bekannt, sodass auch diese Information hinweisgebend sein kann.

Biopsien sollten vor allem dann entnommen werden, wenn ein differenzialdiagnostisch mögliches, malignes Geschehen ausgeschlossen werden muss. Dies betrifft beispielsweise eher erosive und erythroplake Lichenformen, da hier auch die Transformationsrate im Vergleich zu den retikulären Verlaufsformen höher liegt.

Histopathologie

Hautbefunde weisen häufig eine Orthohyperkeratose (Orthokeratose: normale Verhornung unter normalem Verlust des Zellkerns der oberflächlichen Zellen), Akanthose (Verbreiterung des Stratum spinosum) und Verbreiterung des Stratum granulosum auf. Das Stratum basale kann einer Liquefaktion (Verflüssigung) unterliegen. Im Korium, d.h. unter der Basalmembran, finden sich typischerweise T-Zell-Infiltrate. In den unteren Epithelschichten als auch in diesen Infiltraten können zytoide Körperchen, sogenannte colloid bodies, zu liegen kommen, die aus degenerierten Keratinozyten bestehen.

Schleimhautbefunde weisen weniger typische Veränderungen auf (Abb. 5–8). Zu finden sind Parakeratosen (untypische Verhornung bei verbleibenden Zellkernen), Hyperkeratose, hydropische Degenerationen des Stratum basale und bei T-Zell-Infiltraten. In Immunfluoreszenz­untersuchungen kann man die colloid bodies, die sich mit unterschiedlichen Antikörpern anfärben lassen, erkennen. Auch bandartige Ablagerungen in der Basalmembranzone sind möglich. Man sollte jedoch darauf hinweisen, dass diese Veränderungen nicht im Bereich ulzerativer und erosiver Veränderungen zu finden sind [4].


Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch kommen eine Reihe von Erkrankungen infrage, die im Rahmen des vorliegenden Artikels nur kurz aufgelistet werden sollen: orale lichenoide Kontaktläsionen, orale lichenoide Arzneimittelreaktionen, Graft-versus-host-Reaktion, paraneoplastischer Pemphigus, paraneoplastisches autoimmunes Multiorgansyndrom [5], Lupus erythematodes, die einfache Leukoplakie, Pemphigus vulgaris, vernarbendes Schleimhautpemphigoid, Erythema exsudativum multiforme [4] und eine Candidose.

Therapie

Bei fehlenden Symptomen des retikulären Lichens ist keine Therapie notwendig. Erosive und ulzerative Veränderungen sollten therapiert werden.

Topisch: Die erosiven Verlaufsformen bedürfen in der Regel einer Therapie mit Cortison. Typischerweise findet Triamcinolon Verwendung, das sich beispielsweise in der Volon-A-Haftsalbe findet. Weitere topisch angewendete Wirkstoffe sind die Calcineurin-Inhibitoren Cyclosporin, Tacrolimus und Pimecrolimus. Die Medikamentengruppe der Retinoide stehen in ihrer Wirksamkeit den Corticosteroiden bei einem zusätzlich ungünstigerem Nebenwirkungsprofil nach [5].

Systemisch: Erst bei ausbleibendem Erfolg der lokalen Behandlung würde man systemisch intervenieren, wobei hier wieder zunächst mit Cortison gearbeitet wird [5].


Komplikationen des Lichens

Eine Komplikation des Lichens sind die zum Teil besonders schweren Krankheitsverläufe mit außerordentlichen Schmerzen, die eine Nahrungsaufnahme deutlich erschweren, was zu massivem Gewichtsverlust führen kann. Dies kann letzten Endes auch psychosoziale Auswirkungen nach sich ziehen.

Vor allem die atrophen und erosiven Formen des Lichens gehen mit auf ihrem Boden sich entwickelnden Plattenepithelkarzinomen einher (Abb. 9, 10). Eine Metaanalyse spricht von einer malignen Transformation von 0,2 %, wobei Rauchen (relatives Risiko 4,62), Alkoholkonsum (relatives Risiko 3,22), Hepatitis C (relatives Risiko 3,77) und das Vorliegen eines erosiven bzw. ulzerierenden Typs (relatives Risiko 2,7) als Risikofaktoren identifiziert wurden [15]. Typische Lokalisationen dafür sind Wange und Zunge, aber auch die Gingiva kann betroffen sein.


Lichen und Implantate

Es gibt in der Literatur mehrere Artikel, die die Entstehung oraler Plattenepithelkarzinome in der Nähe dentaler Implantate beschreiben, ohne hier eine Kausalität herstellen zu wollen, die bisher auch nicht belegt werden konnte [1].

2006 wurde ein erster Artikel veröffentlicht, der sich explizit mit Karzinomen um dentale Implantate beschäftigte, bei dem ein Lichen als Risikofaktor beschrieben wurde [8]. Insgesamt wurden dabei 2 Patienten mit Plattenepithelkarzinom beschrieben, von denen einer einen vorbekannten Lichen aufwies.

Der nächste Fallbericht entstammt dem Jahr 2008 bei dem eine 81-jährige Patientin mit Lichen ein Karzinom entwickelte, das reseziert wurde. Zur kaufunktionellen Rehabilitation wurde die zahnlose Patientin mit Implantaten versorgt. Drei Jahre später entwickelte die Patientin direkt am Implantat ein Karzinom [9].

2012 wurde eine systematische Review­arbeit veröffentlicht. Dafür wurde die Literatur von 1980 bis 2011 in PubMed gesichtet, um die Frequenz periimplantärer primärer Karzinome und auch Metastasen zu erarbeiten. Von initial 1795 Artikeln beschrieben 3 Artikel Metastasen und 14 Artikel primäre Tumore direkt an Implantaten. Zu den Risikofaktoren, die für die Entstehung der primären Karzinome mitverantwortlich hätten sein können, zählte u.a. der Lichen [16].

In 2014 wurden dann noch ein weiterer Fall und eine Fallserie publiziert [18]. In dieser Fallserie mit 15 Patienten mit Karzinomen direkt am Implantat wurden Risikofaktoren identifiziert: 12 Patienten hattenvorher bereits therapierte Plattenepithelkarzinome, bei jeweils 3 Patienten lag eine Bestrahlung in diesem Gebiet vor und in 4 Fällen litten die Patienten an einem Lichen [14].

In der Folge wurden vereinzelte Review­arbeiten publiziert, die sich mit dentalen Implantaten bei Patienten mit enoralem Lichen beschäftigen.


Potenzielle klinische Problematik

Denkbar wäre, dass die Fähigkeit von Epithel sich an die Oberfläche des Implantats bzw. dessen Suprastruktur anzulagern, bei Patienten mit Lichen reduziert ist. Daher könnte eine bakterielle Invasion leichter mit entsprechender Zerstörung der periimplantären Gewebe initiiert werden [7]. Auf Basis dieser Hypothese wird der Einsatz dentaler Implantate bei dieser Patientengruppe hinterfragt. Es stellt sich somit die grundsätzliche Frage, wie häufig sich eine periimplantäre Mukositis bzw. Periimplantitis in dieser Patientengruppe diagnostizieren lässt [11].

In einer prospektiv kontrollierten Studie wurde der Einfluss des Lichens auf Implantate untersucht [12]. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von über 50 Monaten lag die Implantatüberlebensrate bei den Patienten mit Lichen bei 100 %. Es zeigte sich dann aber, dass es bezüglich der Mucositis und auch der Periimplantitis keinen Unterschied gab zwischen den Patienten mit Lichen und der Kontrollgruppe ohne Lichen.

Eine Subgruppe stach allerdings heraus. Bei den Patienten mit desquamativem Lichen war die Rate an periimplantären Mukositiden signifikant erhöht. Diese Ergebnisse wurden in einer Cross-sectional-Studie bestätigt [13]: Patienten mit Lichen hatten in 17,86 % der Fälle eine periimplantäre Mucositis im Vergleich zu 18 % in einer gesunden Kontrollgruppe, und 25 % der Patienten mit Lichen wiesen eine Periimplantitis auf, gegenüber 16 % der gesunden Kontrollen. Die Autoren konkludieren, dass die Ergebnisse ihrer Studie zeigen, dass Implantate nicht das Erscheinungsbild des Lichens beeinflussten und dass der Lichen keinen Risikofaktor für die Periimplantitis darstellt.


Potenzieller Benefit von Implantaten

Dem gegenüber steht der potenzielle Nutzen dentaler Implantate bei dieser Patientengruppe. Wie bereits eingangs erwähnt wurde, ist die Vulnerabilität der Schleimhäute bei Lichenpatienten erhöht. Durch den Kaudruck, der über die Prothesen auf die Schleimhäute geleitet wird, kann diese geschädigt werden. Durch den Einsatz von Implantaten kann dieser Mechanismus jedoch unterbunden werden, sodass Implantate hier ggf. sogar von einem deutlichen Benefit sein können, wenn es um das Vermeiden der Eingliederung einer Prothese geht.

In der Zusammenschau zeigt sich, dass die Literatur von Implantaten bei Lichenpatienten sehr überschaubar ist. Die periimplantären Gewebe bei Lichenpatienten scheinen bezüglich Mukositis und Periimplantitis kaum Abweichungen im Vergleich zu Patienten ohne Lichen aufzuweisen, wobei die erosive Verlaufsformen kritischer zu sehen sind. Daher kann man sicherlich konstatieren, dass eine Implantation auch bei Patienten mit Lichen möglich ist.

Der Lichen stellt grundsätzlich eine Erkrankung dar, auf dessen Basis sich Plattenepithelkarzinome entwickeln können. Die geringen Fallzahlen zu Karzinomen an dentalen Implantaten bei Lichenpatienten weisen ebenfalls nicht darauf hin, dass durch eine Implantation vermehrt Plattenepithelkarzinome entstehen.

Im Gegenzug kann durch den Einsatz von Implantaten jedoch der Druck auf die Schleimhäute durch Prothesen verringert werden, sodass dies die Insertion von Implantaten sogar indiziert sein könnte. Gute klinische Studien zu dieser Fragestellung in diesem speziellen Patientenkollektiv wären höchst wünschenswert.

Interessenkonflikte: Die Autoren Prof. Dr. Dr. Christian Walter, PD Dr. Christoph Renné und PD Dr. Dr. Maximilian Moergel geben an, dass im Zusammenhang mit diesem Beitrag keinerlei Interessenkonflikte bestehen.

Prof. Dr. Dr. Christian Walter

Mund-, Kiefer- und

Gesichtschirurgie, Mediplus MVZ GmbH, Mainz

walter@mainz-mkg.de

PD Dr. Christoph Renné

Facharzt für Pathologie,

Fachärzte für Pathologie, Gemeinschaftspraxis Wiesbaden

renne@pathologie-wiesbaden.de

PD Dr. Dr. Maximilian Moergel

Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,

MKG Wiesbaden

maximilian.moergel@mkg-burgstrasse.de


Literatur

  1. Afrashtehfar KI, Almomani MM, Momani M. Lack of association between dental implants and oral squamous cell carcinoma. Evid Based Dent 2022; 23: 40–42
  2. Alaizari NA, Al-Maweri SA, Al-Shamiri HM et al.: Hepatitis C virus infections in oral lichen planus: a systematic review and meta-analysis. Aust Dent J 2016; 61: 282–287
  3. Altmeyer P: Dermatologische Differenzialdiagnose – Der Weg zur klinischen Diagnose. Berlin Heidelberg: Springer, 2007
  4. Bork K, Burgdorf W, Hoede N: Mundschleimhaut- und Lippenkrankheiten – Klinik, Diagnostik und Therapie. Stuttgart; Schattauer, 2008
  5. Carrozzo M, Porter S, Mercadante V et al.: Oral lichen planus: A disease or a spectrum of tissue reactions? Types, causes, diagnostic algorhythms, prognosis, management strategies. Periodontol 2000 2019; 80: 105–125
  6. Cheng YS, Gould A, Kurago Z et al.: Diagnosis of oral lichen planus: a position paper of the American Academy of Oral and Maxillofacial Pathology. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol 2016; 122: 332–354
  7. Chrcanovic BR, Cruz AF, Trindade R et al.: Dental Implants in patients with oral lichen planus: A systematic review. Medicina (Kaunas) 2020; 56: 53
  8. Czerninski R, Kaplan I, Almoznino G et al.: Oral squamous cell carcinoma around dental implants. Quintessence Int 2006; 37: 707–711
  9. Gallego L, Junquera L, Baladron J et al.: Oral squamous cell carcinoma associated with symphyseal dental implants: an unusual case report. J Am Dent Assoc 2008; 139: 1061–1065
  10. Gonzalez-Moles MA, Warnakulasuriya S, Gonzalez-Ruiz I et al.: Worldwide prevalence of oral lichen planus: A systematic review and meta-analysis. Oral Dis 2021; 27: 813–828
  11. Heitz-Mayfield LJA, Salvi GE: Peri-implant mucositis. J Periodontol 2018; 89 Suppl 1: 257–266
  12. Hernandez G, Lopez-Pintor RM, Arriba L et al.: Implant treatment in patients with oral lichen planus: a prospective-controlled study. Clin Oral Implants Res 2012; 23: 726–732
  13. Lopez-Jornet P, Camacho-Alonso F, Sanchez-Siles M: Dental implants in patients with oral lichen planus: a cross-sectional study. Clin Implant Dent Relat Res 2014; 16: 107–115
  14. Moergel M, Karbach J, Kunkel M et al.: Oral squamous cell carcinoma in the vicinity of dental implants. Clin Oral Investig 2014; 18: 277–284
  15. Offen E, Allison JR: What is the malignant transformation potential of oral lichen planus? Evid Based Dent 2022; 23: 36–37
  16. Pfammatter C, Lindenmuller IH, Lugli A et al.: Metastases and primary tumors around dental implants: A literature review and case report of peri-implant pulmonary metastasis. Quintessence Int 2012; 43: 563–570
  17. Sagheb K, Blatt S, Rahimi-Nedjat RK et al.: Oral Squamous Cell Carcinomas Developing from Oral Lichen Planus: A 5–21 year Retrospective Study. J Maxillofac Oral Surg 2022; 21: 1088–1095
  18. Silva RH, Paleari AG, Brito Cde A et al.: A clinical report of an oral lichen planus associated to epidermoid carcinoma in contact with metallic restorations. J Contemp Dent Pract 2014;15: 651–653

(Stand: 02.06.2023)

DGI Nachrichten aktuell

In Memoriam an Karl-Ludwig Ackermann. Ein Nachruf von Prof. Dr. Günter Dhom und Gedenken an einen ganz „Großen“ der Zahnmedizin. 

zum Nachruf an Dr. Ackermann

Aktuelle Ausgabe 3/2023

Im Fokus

  • Komplexe Implantatversorgung im Praxisalltag
  • Die Freilegungs-OP nach gedeckter Implantateinheilung
  • Retinierte Unterkieferprothese in der Altersheilkunde

FORTBILDUNGSANGEBOTE DGI

Die DGI bietet ein umfassendes und überregionales Fortbildungsangebot an. 

WERDEN SIE AUTOR

Sie haben ein spannendes Thema aus dem Bereich der Implantologie und würden gerne einen Artikel dazu in der ZZI veröffentlichen? Dann nutzen Sie unseren Editorial Manager und reichen Sie ihr Manuskript direkt bei uns ein.

Manuskript einreichen