Externer Sinuslift in der Praxis

DOI: 10.53180/ZZI.2023.0150-0154

Planung und OP – 2. Teil der Sinuslift-Reihe

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Schlüsselwörter: Backward-Planning DVT/CT Knochenersatzmaterial externer Sinuslift

Einleitung

Der externe Sinuslift war lange Zeit die einzige Möglichkeit, ein insuffizientes Knochenangebot im seitlichen Oberkiefer für eine Implantation vorzubereiten. Heute haben sich die Grenzen verschoben. Zum einen durch sehr kurze Implantate, aber auch durch (lange) Zygomaimplantate, die je nach Indikation einen großen Mehrwert für den Patienten bedeuten.

Aber auch spezielle Bohrprotokolle oder der interne Sinuslift haben die Grenzen verschoben und zeigen deutlich, dass nicht immer eine umfangreiche Augmentation nötig ist. Zuletzt müssen auch die Werkstoffe und die prothetischen Möglichkeiten erwähnt werden, die teils durch digitale Planung Implantatpositionen zulassen, die zu „konventionellen“ Zeiten fast undenkbar gewesen wären.

Der Autor sieht den externen Sinuslift als sehr wichtige Technik an, um Implantate möglichst korrekt positionieren zu können. Auch wenn die Vermeidung von Augmentationen häufig sinnvoll ist, sollten wir die Prinzipien, die wir in den vergangenen Jahrzehnten erlernen und wissenschaftlich untersuchen konnten, nicht über Bord werfen. Ideale knöcherne Verhältnisse, ausreichend Weichgewebe und eine (heute über Backward-Planning) ideale prothetische Positionierung des Implantats sind Hauptkriterien, wenn es nicht nur um das Implantatüberleben, sondern auch um den Langzeiterfolg von Implantaten gehen soll.

Dies sollte speziell beachtet werden, wenn Implantate nach erfolgtem Sinuslift ausreichend Knochen vorfinden, jedoch aufgrund des ausgeprägten Knochenverlusts nicht in der idealen vertikalen Posi­tion implantiert werden. Dies führt im teilbezahnten Patienten zu unschönen Stufen (vertikaler Versatz), die nicht suffizient gereinigt werden können.

Schlüsselwörter: externer Sinuslift; DVT/CT; Knochenersatzmaterial; Backward-Planning; Implantate; Membran

Zitierweise: Kauffmann F: Externer Sinuslift in der Praxis. Z Zahnärztl Implantol 2023; 39: 150–154

DOI.org/10.53180/ZZI.2023.0150–0154

Hintergrund

Der externe Sinuslift ist einer der am sichersten durchzuführenden augmentativen Maßnahmen. Es scheint, als spiele es keine Rolle, welches Knochenersatzmaterial oder welche Membran verwendet wird, ob es intraoperativ zu kleineren oder größeren Komplikationen kommt oder welche chirurgische Technik Anwendung findet.

Dies liegt maßgeblich an der Anatomie. Durch den abgeschlossenen Raum, in dem die Augmentation stattfindet, gibt es wenig Bewegung, aber eine gute Blutversorgung. Auch Infektionen sind sehr unwahrscheinlich, sofern diese intraoperativ vermieden werden. Hintergrund der Technik ist das Anheben der Schneider‘schen Membran. Diese spezialisierte ca. 0,3 mm dicke Membran kleidet die gesamte Kieferhöhle aus und hält diese keimfrei. Dies gewährleisten „Flimmerhärchen“ (Zilien), die mit regelmäßigen und in Richtung Ostium der Kieferhöhle gerichteten Schlägen alle Fremdkörper durch die Nase abtransportieren. Die Blutversorgung ist dementsprechend gut.

Neben der Kieferhöhlenschleimhaut ist auch die knöcherne Kieferhöhlenwand trotz ihrer teils sehr dünnen Anatomie gut blutversorgt. Dies führt in der Kombination zu einer Art Container, der in alle Richtungen gut blutversorgt ist und durch die knöcherne Begrenzung sowie die der Schneider‘schen Membran dem Augmentat eine sehr lagestabile Behausung bietet.

Osteotomie

Der erste Schritt ist neben der Schnittführung und Lappenpräparation die Osteotomie des Kieferhöhlenfensters. Dies kann je nach Belieben mit rotierenden Instrumenten wie Diamanten oder Hartmetallfräsern erfolgen oder mittels Piezo. Der präparierte Knochendeckel kann entweder vollständig entfernt und später repositioniert, mit der präparierten Membran in den Sinus eingeschlagen oder direkt beim Anlegen des Fensters durch die rotierenden Instrumente entfernt werden (Abb. 1a–d).


Alternativ zu rotierenden Instrumenten können auch Knochenschaber genutzt werden. Die gesammelten eher kortikalen Knochenspäne können dann dem verwendeten Knochenersatzmaterial beigemischt werden. Wie groß das Fenster ausfällt, scheint keinen statistisch signifikanten Einfluss auf das klinische Langzeitergebnis zu haben. Ob das Fenster mit einer Membran abgedeckt wird oder nicht, scheint jedoch einen Einfluss auf die Einheilung des Augmentats zu haben. Eines sollte jedoch nicht vergessen werden: Die Unterschiede sind gering, und der externe Sinuslift bleibt einer der am sichersten und erfolgversprechendsten Augmentationstechniken.

Elevation der Membran

Für die Elevation der Schneider‘schen Membran geeignete Instrumente gibt es viele (Abb. 2). Die meisten Sets beinhalten 3 Instrumente für die eigentliche Elevation und bei Bedarf ein weiteres Instrument, mit dem das eingebrachte Knochen­ersatzmaterial vorsichtig kondensiert werden kann.


Die Elevatoren unterscheiden sich untereinander in der Größe und Angulation der Arbeitsenden. So wird ein sicheres und schonendes Präparieren der Membran zu jedem Zeitpunkt und in alle Dimensionen ermöglicht. Trotz aller Vorsicht und Erfahrung kann es zu Perforationen der Membran kommen. Ein einfacher Test, ob die Membran intakt ist: den Patienten durch die Nase ein- und ausatmen zu lassen (Abb. 3a/b). Bewegt sich die Schneider‘sche Membran unauffällig auf und ab, liegt mit größter Sicherheit keine relevante Perforation vor.


In der Mehrzahl der Fälle ist es ausreichend, die Perforation durch das Einlegen einer Kollagenmembran „abzudichten“. Ist die Perforation so groß, dass ein Einlegen einer Membran nicht möglich ist, da die Öffnung selbst unkontrollierbar ist, kann ein vorsichtiges Vernähen eine Möglichkeit sein. Das Abbrechen der OP sollte immer dann erwogen werden, wenn eine sichere Stabilisierung nicht erzielt werden kann. Dadurch wird sowohl eine Infektion verhindert als auch, dass sich Knochenersatzmaterialpartikel unkontrolliert in der Kieferhöhle ausbreiten.

Ersatzmaterialien

Um den präparierten Hohlraum aufzufüllen, steht eine Vielzahl an Materialien zur Verfügung. Neben humanen und tierischen Materialien können für den externen Sinuslift auch künstliche (alloplastische) Materialien genutzt werden. Je nach verwendetem Material kann es mit der Zeit zu größeren Resorptionen kommen. Um auf ein zweites OP-Gebiet verzichten zu können, haben sich xenogene Knochenersatzmaterialien bewährt. Diese unterliegen nur sehr geringen Schrumpfungen, stehen unbegrenzt zur Verfügung, sind einfach in der Handhabung und gut dokumentiert.

Die beiden am häufigsten verwendeten xenogenen Knochenersatzmaterialien sind bovinen und porcinen Ursprungs. Die Herstellungsverfahren und Materialeigenschaften unterscheiden sich teils stark. Auf den externen Sinuslift selbst hat das aufgrund der besonderen Situation nur geringen Einfluss (Abb. 4a). Auch das Abdecken des Kieferhöhlenfensters mit Kollagenmembranen hat einen Einfluss auf die Knochenregeneration (Abb. 4b). Die Art der verwendeten Membranen führt ebenfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auch hier sind die Unterschiede in der Regel gering ausgeprägt.


Zusätzlich kann das Knochenersatzmaterial mit Blutkonzentraten oder Hyaluronsäure gemischt werden, um zum einen eine höhere Stabilität zu erzielen und zum anderen die Heilung zu unterstützen. Sowohl Blutkonzentrate als auch Hyaluronsäure sind gut untersuchte „Zusätze“, sogenannte Biologics, die speziell in der frühen Phase der Heilung einen positiven Einfluss haben.

Das Einbringen des Knochenersatzmaterials in den präparierten Raum kann auf verschiedene Weise erfolgen: Durch vorbereitete Spritzen, die bereits mit Knochenersatzmaterial gefüllt sind, durch 1-ml-Spritzen, bei denen die Spitze abgeschnitten wird und die selbst gefüllt werden, durch kleine „Rutschen“, die in das Kieferhöhlenfenster eingelegt werden, um den Hohlraum befüllen zu können oder „einfach“ nur portionsweise mittels Instrumenten – es gibt nicht den einen richtigen Weg. Vielmehr sollte beim Befüllen darauf geachtet werden, dass speziell im anterioren präparierten Bereich Knochenersatzmaterial ankommt. Dafür können die verwendeten Spritzen nach anterior anguliert werden oder beim Befüllen mit dem Raspatorium der anteriore Hohlraum primär augmentiert werden.

Die Erfolgsaussichten sind sehr gut. Dass ein externer Sinuslift in einem vollständigen Verlust des Augmentats endet, ist sehr selten. Auch Komplikationen treten selten auf. Postoperative Schmerzen lassen sich mit Ibuprofen gut therapieren. Frühe Infektionen gibt es bei perioperativer Antibiotikagabe kaum. Der Heilungsverlauf dauert je nach verwendetem Knochenersatzmaterial ca. 4–6 Monate. Vor einer geplanten Implantation sollte die Situation durch ein OPG oder DVT kontrolliert werden (Abb. 5–11).


Für den Patienten bedeutet ein externer Sinuslift immer auch eine verlängerte Wartezeit bis zur definitiven ZE-Versorgung. Um diesen Zeitraum zu verkürzen, kann in Fällen, in denen ausreichend Restknochen zur primärstabilen Einbringung des Implantats vorhanden ist, der externe Sinuslift mit der Implantation kombiniert werden. Das leicht erhöhte Risiko ist aufgrund des Komfortgewinns bei dem insgesamt sicheren Verfahren vertretbar. Behandlungsalternativen wie der interne Sinuslift oder auch kurze Implantate können in diesen Situationen eine sehr gute Alternative darstellen.

Fazit

Der externe Sinuslift stellt eine sichere Option zur Augmentation des seitlichen atrophierten Oberkiefers vor Implantation dar. Die Auswahl der eingesetzten Ersatzmaterialien scheint weniger relevant als vor anderen Eingriffen. Der Heilungsverlauf ist in der Regel unproblematisch, und die selten auftretenden Komplikationen sind gut behandelbar. Nach dem Eingriff können Implantate sicher und in der korrekten Position gesetzt werden. Beachtet werden sollten kombiniert horizontale und vertikale Knochenverluste, da in diesen Fällen eine Augmentation nur durch Sinuslift die primäre Atrophie nicht vollständig ausgleichen kann. Die Folgen sind zu hoch gesetzte Implantate, die häufig schwer zu reinigen sind und lange klinische Kronen aufweisen.

Interessenkonflikte: Der Autor dieses Beitrags, Dr. Frederic Kauffmann, gibt an, dass er Honorare für Vorträge von den Firmen Regedent, Straumann und ITI erhält.

Dr. Frederic Kauffmann

Kieferchirurgische Gemeinschaftspraxis Dr. Dr. Stroink und Kollegen, Düsseldorf

kauffmann@kieferchirurgie.org


(Stand: 29.08.2023)

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